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in|traffic - Ausgewählte Artikel

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03 | Menschen & Räume

Logistik • Verkehr • Bewegung » Prof. Dr. Brigitta Riebesmeier vom Institut für Transportwirtschaft und Logistik an der WU Wien über Chancen und Perspektiven von Verkehr und Logistik.

Logistik bezieht sich auf materielle und kommunikative Bewegungsvorgänge, Objektflüsse innerhalb und zwischen Systemen, Gestaltung und Steuerung von Flusssystemen. So bezieht sich die Aufgabe der Logistik auf die Gestaltung, Steuerung, Regelung und Durchführung des Flusses an Energie, Informationen, Personen und insbesondere von Materialien und Produkten innerhalb und zwischen Systemen.

in|traffic im Gespräch mit:
Prof. Dr. Brigitta Riebesmeier,
Verkehrsexpertin der Wirtschaftsuniversität Wien

In moderner Begriffsauffassung versteht man Logistik als Führungsfunktion mit den Merkmalen flussorientiert, prozessorientiert, systemübergreifend und koordinierend versehen.

NULL–BEWEGUNG IST DAS NEGATIVSZENARIO DER LOGISTIK.

Als Systeme werden in ökonomischer Abgrenzung Unternehmen, Volkswirtschaften oder Wirtschaftsgemeinschaften und Weltwirtschaften verstanden, in denen die Logistik eine Rolle spielt. In gesamtgesellschaftlicher Sicht betrachten wir Lebensräume mit dem Ziel, sie nachhaltig zu gestalten. Logistik zielt auf koordinierende Steuerung von Bewegung in Wirtschaftsräumen ab. Verkehr und Transport sind und schaffen Bewegung in Wirtschaftsräumen. Verkehr und Transport sind und schaffen Bewegung in Lebensräumen.

Die Verkehrs- und Transportunternehmen sind somit der Prototyp des Logistikdienstleisters. Sie decken den Bedarf an Transferleistungen, mit der Kernleistung den Bedarf an Raumüberbrückung zu befriedigen. Sie gestalten und koordinieren Mobilitätsnetzwerke für Menschen und Güter.

Bewegung und Raum konstituieren sich gegenseitig. Die Bewegungspotenziale von Menschen und die Wirtschaftspotenziale von Räumen bringen jeweils eigene Raumstrukturen hervor: Gehwege, Seiden- und Bernsteinstraßen; starke und weniger starke Wirtschaftsstandorte.

RÄUME SCHAFFEN BEWEGUNGS- UND HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN.

Die Entwicklung eines Menschen lässt sich als eine Eroberung und Erweiterung von Lebensräumen beschreiben. Lebensräume erweitern sich durch Entwicklung, Einschränkungen der Bewegungsräume bedeuten Einschränkung der Lebensräume. Dies gilt gleichermaßen für Wirtschaftsräume. Flusssysteme können als Netzwerke modelliert werden, bei denen die Knoten als Zustände oder Transformationen und die Kanten als Raum- bzw. Zeitüberbrückende Zustandsveränderungen oder Transfers erscheinen.

Basierend auf diesem definierten Netzwerkgedanken logistischer Systeme können die Bezugsobjekte eines Verkehrssystemmanagements modelliert werden: Das Verkehrssystem besteht aus Knoten (z. B. Häfen, Flughäfen, Güterverkehrszentren …) und Kanten (Wegen). Verkehrssystemmanagement bedeutet Gestaltung, Entwicklung, Steuerung und Regelung des raumüberwindenden Flusses an Energie, Informationen, Personen und Stoffen (Material, Produkte) innerhalb und zwischen Systemen. Der Brennpunkt muss hier auf die Verkehrsinfrastruktur-Netzwerke gerichtet werden. Entwickeln heißt hier Erschließen von Bewegungsräumen.

Verkehrssystem- und Verkehrs-Infrastrukturmanagement hat somit auch eine herausragende soziale Bedeutung: die Gestaltung, Ausstattung und Zugänglichkeit menschlicher Lebensräume. Das muss in der Verkehrsplanung und Verkehrsinfrastrukturplanung beachtet werden.

Bereitstellung und Nutzung einer Verkehrsinfrastrukturkapazität sind nicht gleichbedeutend. Eine in einem Engpass verlorene Stunde ist eine für das gesamte System verlorene Stunde. Engpässe bestimmen sowohl den Durchlauf (das Fließen) als auch die ruhenden Bestände (z. B durch Stau).

Die Ausgestaltung und Zugänglichkeit der Verkehrs- und Transport-Märkte prägen die Bewegungs- und Handlungsmöglichkeiten in ökonomischen und sozialen Systemen.

Aufgabe der Verkehrslogistik ist die Gestaltung, Koordination und Steuerung der Nutzung der für den Verkehr zur Verfügung stehenden Kapazitäten mit dem Ziel der kundenorientierten optimalen Gestaltung der Mobilitäts- und Gütertransportketten; unter Berücksichtigung der Anforderungen aus Volkswirtschaft und Umwelt sowie vom Verkehr betroffenen Bereichen (Nachhaltigkeit und green logistics) sowie die Verringerung der Zielkonflikte zwischen Personen- und Güterverkehr.

Wobei sowohl die volkswirtschaftliche Notwenigkeit als auch der Wunsch nach individueller Mobilität in einem ständigen Spannungsverhältnis zur chronischen Überlastung des Verkehrssystems stehen.

Zentrale Herausforderung für die zukünftige Leistungserstellung der Verkehrslogistikdienstleister ist der Kompetenzaufbau und -ausbau im Bereich der planenden und koordinierenden Logistikleistungen. Elementar hierfür ist u. a. die gezielte Aus- und Weiterbildung zu Logistikmanagern.

Die Kompetenzen der Mitarbeiter, die Gesamtprozesse unter Einbeziehung der Netzwerkpartner zu analysieren und Wertschöpfungsketten neu zu gestalten, verbesserte Prozessabläufe partnerschaftlich zu kreieren und zu innovativen Geschäftsmodellen beizutragen, müssen aufgebaut werden. Dies durch eine Ausund Weiterbildung, die das Verstehen der Netzwerkpartner (Verlader, Kunden, Verkehrs- und Logistikdienstleister) untereinander fördert.

Gründe dafür gibt es genug, betrachtet man die Entwicklungstrends in der Unternehmenslogistik: Globalisierung und Europäisierung der Produzenten und Kunden führen zu geänderten und neuen Güterströmen und hohem Vernetzungsgrad.

Grenzüberschreitende Warenflüsse nehmen weiterhin weltweit zu. Unternehmen müssen genauso global agieren wie ihre Kunden – und fordern dies von ihren Lieferanten und Logistikdienstleistern.

Somit greifen Unternehmen vermehrt auf bestehendes globales Netzwerk führender Logistikdienstleister zu. Die überdurchschnittlichen Zuwächse im Luftverkehrsmarkt und der Expressdienstleistungen verdeutlichen die zunehmende Bedeutung des Wettbewerbsfaktors Zeit und die Relevanz weltweiter Netzwerke (Network Provider).

Durch das Outsourcing von Logisikleistungen erwarten die Unternehmen vom Dienstleister eine ganzheitliche Betrachtung ihrer Supply Chain.

LEAD LOGISTIK PROVIDER (LLP)

  • bieten wissensintensive Dienstleistungen
  • Beratung und Implementierung von Problemlösungen für konkrete individuelle Kundenprobleme
  • komplexe Serviceangebote
  • hoch qualifizierte Mitarbeiter mit speziellen Fähigkeiten

Speditionsunternehmen haben den Bedarf an Aus- und Weiterbildung im Logistikmanagement erkannt und in den letzten Jahren auf die Verankerung des Berufsbilds des Speditionslogistikers gedrängt.

Die Bundesvereinigung Logistik Österreich (BVL Österreich) hat sich für die Entwicklung und Implementierung von Logistik-Aus- und Weiterbildungsangeboten auf allen Ebenen eingesetzt.

Die BVL Österreich ist die exklusiv von der European Logistics Association in Brüssel autorisierte nationale Stelle, das personenbezogene Zertifikat eines European Logistican zu vergeben. Dieses Zertifikat wird von den nationalen Verbänden der über 40 Mitgliedsstaaten anerkannt und ist ein Zertifikat europäischer aber auch außereuropäischer Dimension.

Eine Reihe namhafter Bildungsanbieter, aber auch Schulen öffentlichen Rechts bieten entsprechende Vorbereitungslehrgänge an und sind Partner der BVL.

Planend und koordinierend die Schnittstellen zwischen Verkehrsplanung, Verkehrsinfrastrukturnutzung und Logistik zu verstehen und zu fördern, da gibt es noch Handlungsbedarf im Wissensaustausch. Dieser Bereich ist stark technikgeprägt. Technologische Innovationen allein reichen nicht aus, man muss die Wertschöpfungskette von den Kunden am Ende der Kette her nachfrageorientiert und strategisch durchdenken sowie den Wissensaustausch zwischen den Beteiligten und den Aufbau von durchgängigem Logistik-Knowhow fördern.

Um das Verkehrssystem für die Zukunft leistungsfähig und dem Gebot der Nachhaltigkeit entsprechend zu gestalten und zu entwickeln ist es erforderlich, dass alle Verkehrsträger gemeinsam ein leistungsfähiges und modernes Gesamtsystem bilden. Will man das zusätzlich steigende Verkehrsaufkommen auf das Binnenschiff und insbesondere auf die Schiene bringen und wettbewerbsfähige intermodale Verkehrsnetzwerke entwickeln, so ist auch Logistikkompetenz von EVUs und EIUs zielgerecht (zu Skillbased Logistics Providern) weiterzuentwickeln.

Es bleibt zu hoffen, dass in der aktuellen Diskussion über die Berufsbilder im Eisenbahnbereich und der Diskussion über die Inhalte der Aus- und Weiterbildung diesem Bedarf der konsequenten Weiterentwicklung des hochwertigen Humankapitals in diesem Bereich Rechnung getragen wird.