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03 | Bitte eine Fahrkarte!

Vorstandsdirektorin der ÖBB-Personenverkehr AG, Mag. Gabriele Lutter, über die logistische Herausforderung täglich 4.400 Züge bereitzustellen.

Welche logistischen Herausforderungen gibt es für die ÖBB-Personenverkehr AG, damit die Züge täglich fahren?

In Zahlen bedeutet das ca. 4.400 Züge täglich, die 2008 ca. 95,3 Mio. Kilometer zurücklegen werden. Dies sind rund 930 Fernverkehrs-, 1.400 Nahverkehrswagen und 480 Triebwagengarnituren. Hinter diesen nüchternen Zahlen steckt ein großes Netzwerk von Beteiligten, das notwendig ist, damit ein Zug nach den Vorgaben der Marktbereiche Nah- und Fernverkehr fahren kann. Bereits in der Phase der Fahrplankonzeption binden die beiden Marktbereiche die Produktion ein, um gemeinsam mit den Angebotsplanern in einem iterativen Prozess das Optimum aus Kundennutzen und Ressourceneinsatz zu erzielen. Als nächste Schritte werden Zugbildeplan und Umlaufplan erstellt, die auf Vorstandsdirektorin der ÖBB-Personenverkehr AG, Mag. Gabriele Lutter, über die logistische Herausforderung täglich 4.400 Züge bereitzustellen. Basis einer konkreten Bestellung der Marktbereiche und in Abstimmung mit der ÖBB-Traktion GmbH und der ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG zu einem Produktionsplan führen. Im Produktionsplan sind sämtliche Erfordernisse für die Führung eines Zuges abgebildet.

Abvfahrt - Departure, Bitte eine Fahrkarte ©iStockphoto

Dazu gehören mit der Infrastruktur abgestimmte Gleisbelegungen in Bahnhöfen ebenso wie die Bestellung der von anderen Konzernfirmen zu erbringenden Leistungen am Zug. Diese Leistungen betreffen zum Beispiel Verschub, Traktion und Wagendienst. Natürlich stehen in diesem Produktionsplan auch die Leistungsbestellungen innerhalb der ÖBB-Personenverkehr AG. Dazu zählen beispielsweise die ZugbegleiterInnen. Außerdem werden auch Zeitfenster und Ressourcen für die Fahrzeugpflege und die Serviceintervalle der Fahrzeuge eingeplant. Erst wenn alle diese Schritte durchlaufen sind, kann ein Zug auf die Reise gehen und damit die unseren Kunden versprochene Mobilität ermöglicht werden. Sie sehen also, dass eine Vielzahl von Menschen in den verschiedensten Bereichen in diese sehr lange Kette eingebunden sind, die Ihnen eine angenehme und sichere Bahnfahrt ermöglicht.

Wie kommen Angebote bzw. wie kommt ein Fahrplan zustande?

Die Erstellung des Fahrplans ist ein sehr aufwendiger und komplexer Prozess und beginnt bereits über ein Jahr, bevor dieser tatsächlich in Kraft tritt. Nachdem eine Ist-Analyse des Angebots – eine sogenannte Frequenzauswertung - erfolgt ist, werden neue Angebotsvarianten erstellt und ins Gesamtkonzept integriert. Wir lassen nach Möglichkeit auch Beschwerden zur Verbesserung des Fahrplanangebots einfließen. Dann werden Angebotsvarianten durch das System „SUPERNOVA“ – eine Software zur Verkehrsplanung – geprüft.

Beim letzten Fahrplanwechsel haben wir erneut eine enorme Verbesserung für unsere Kunden geschaffen. Und zwar durch neue Verbindungen, neues Wagenmaterial, Vertaktungen, neue Angebote, noch mehr Service und eine weitere Vernetzung von Bus und Schiene.

Mag. Gabriele Lutter, Vorstandsdirektorin ÖBB Personenverkehr ©ÖBB

in|traffic im Gespräch mit Mag. Gabriele Lutter, Vorstandsdirektorin der ÖBB Personenverkehr AG

Derzeit befinden wir uns in einer kompletten Neugestaltung des Fahrplans – dem sogenannten Plan912. Dieser Fahrplan ist ein integrierter Taktfahrplan für Österreich, der stufenweise bis 2012 umgesetzt wird. Erste Bausteine dieses integrierten Taktfahrplans für Österreich wurden schon mit Dezember 2007 umgesetzt, beispielsweise die Beschleunigung des Fernverkehrs auf der Westbahn auf 200 km/h.

Für die Planung der internationalen Verkehre stimmen wir uns mit den Partnerbahnen ab, um marktgerechte Fahrplanzeiten und Zugbildungen zu schaffen. Daraufhin werden Produktionsabläufe (zum Beispiel Verschub, Reinigung und Traktion) abgestimmt. Nach der Beantragung der geplanten Trassen bei der ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG erfolgt die Festlegung des Fahrplans bei FTE-Konferenzen, die Erstellung der Fahrplanbilder und deren Druck.

Die Angebotserstellung hat einen sehr pragmatischen Ablauf: Nachdem eine Zielgruppe definiert ist, geht es an die Kreation eines Angebots. Dabei muss natürlich ein Zielmarkt definiert und eine konkrete Angebotsidee entwickelt werden. Einige Angebote der letzten Zeit sind beispielsweise die Seniorenaktion, das Sommerticket, das ICE Ausflugsticket Passau um EUR 6,–. Weiters ist die Abstimmung mit dem Pricing und den Partnerbahnen wichtig und die Vertriebskanäle müssen zielgruppenspezifisch ausgesucht werden. Für den Vertrieb stehen im Übrigen Automaten, Personenkassen, CallCenter, Zugbegleiter, Handy, Internet, Reisebüros am Bahnhof oder externe Reisebüros zur Verfügung. Im Anschluss wird das Vermarktungskonzept erstellt. Erst dann erfolgt die Produkteinführung und zu guter Letzt natürlich eine Erfolgskontrolle.

Was steckt alles dahinter, damit ein Kunde zu seinem Ticket kommt?

Der Aufwand, der hinter diesem einfachen Vorgang steckt, ist enorm und betrifft verschiedene Bereiche. Der Vertrieb befasst sich beispielsweise mit der Gestaltung der Vertriebskanäle für die unterschiedlichen Zielgruppen. Die Marktbereiche Fern- und Nahverkehr befassen sich mit der Angebotsgestaltung bzw. der Angebotserstellung für die jeweiligen Zielgruppen, stimmen sich mit Verbünden ab und vieles mehr.

Gerade Letzteres ist sehr wichtig und komplex. Die ÖBB-Personenverkehr AG ist Mitglied in acht verschiedenen Verkehrsverbünden – im Großraum Wien etwa im Verkehrsverbund Niederösterreich und Burgenland (VVNB) und der Verkehrsverbund Ostregion (VOR).

Aufgabe der Verbünde ist es, den Öffentlichen Personenverkehr durch die Ausgabe einheitlicher Fahrausweise, die für alle Verkehrsmittel der Region gelten, noch attraktiver zu machen. Im Gebiet dieser Verbünde ist die Tarifexklusivität – also die Anwendung eines einheitlichen Tarifs in allen Verkehrsmitteln – ein wesentlicher Vertragsbestandteil. Für Fahrten innerhalb des Verbundes kommt also der Verbundtarif zur Anwendung.

Im Gegensatz zu den Verbundtarifen gibt es auch den ÖBB-Haustarif. Ein Haustarif ist der Tarif, den ein Verkehrsunternehmen anbietet – beispielsweise der Kraftfahrlinientarif bei den Regionalbussen oder der ÖBB-Haustarif bei der ÖBB-Personenverkehr AG. Dieser Tarif kommt bei verbundüberschreitenden Fahrten zur Anwendung und gilt für die Fahrscheine, die die Verbünde nicht anbieten.